Weltklimagipfel: Ringen um eine Nachfolge des Kyoto-Protokolls

Seit Jahren ringen die Staats- und Regierungschefs dieser Welt um eine Nachfolgeregelung des Kyoto-Protokolls – bislang ohne Erfolg. Doch die Zeit drängt. Wenn sich die Staaten beim bevorstehenden Klimagipfel in Paris nicht endlich auf verbindliche Ziele einigen und diese auch konsequent umsetzen, wird die Klimaerwärmung weiter voranschreiten. Es ist an der Zeit, die Weichen zu stellen – für eine Weltwirtschaft, die weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommt.
Um zu verstehen, was in knapp drei Monaten in Paris auf dem Spiel steht, braucht es einen Blick in die jüngere Historie der Klimaschutzdiplomatie. Derzeit läuft die so genannte Post-Kyoto-Phase (2013 bis 2020), denn bislang haben sich die Staats- und Regierungschefs dieser Welt nicht auf ein wirklich neues Klimaabkommen nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 einigen können.
Auf dem Weltklimagipfel in Doha 2012 hatten sich die knapp 200 teilnehmenden Staaten lediglich darauf verständigt, bis 2015 ein neues Klimaabkommen auszuhandeln, das allerdings erst ab 2020 in Kraft treten und das für alle Staaten gelten soll. Damals schon war das nur ein Kompromiss, um den Gipfel im Wüstenstaat Katar nicht völlig scheitern zu lassen.
Schwierige Dauerschleife aus Widerständen und Kompromissen
Grundsätzlich geht es darum, eine Nachfolgeregelung für das so genannte Kyoto-Protokoll aus 1997 zu finden. Das aufgrund vieler Widerstände erst in 2005 in Kraft getretene Kyoto-Protokoll ist das bislang einzige globale Klimaschutzabkommen, das verbindliche Vorgaben für die Emission von Treibhausgasen macht.
Wichtigster Aspekt: Die Industriestaaten sollten ihren Ausstoß bis 2012 um insgesamt 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 verringern. Dahinter steht das übergeordnete Ziel, den Temperaturanstieg seit Beginn der Industrialisierung auf zwei Grad Celsius zu beschränken.
Hintergrund: Das Zwei-Grad-Ziel
Eine Erderwärmung um zwei Grad Celsius gilt als kritische Marke: Steigt die Erdmitteltemperatur um mehr als diesen Wert, dann dürften die Folgen des Klimawandels für Mensch und Umwelt unbeherrschbar werden, so die Ansicht zahlreicher Wissenschaftler. Als Vergleichspunkt gilt dabei das Weltklima vor Beginn der Industriellen Revolution. Von Mitte des 18. Jahrhunderts bis heute ist die globale Durchschnittstemperatur bereits um rund 0,7 °C angestiegen.
Quelle: Klima-sucht-Schutz.de, eine Kampagne gefördert durch das Bundesumweltministerium
Und dennoch: Das Protokoll war keineswegs ein Garant dafür, dass alle unterzeichnenden Staaten tatsächlich entscheidend zum Klimaschutz beitrugen. Ratifiziert haben es mehr als 190 Staaten, doch galten die Emissionsvorgaben nur für insgesamt 37 Industriestaaten.
Die USA etwa, Nummer zwei unter den weltweit größten CO2-Emittenten, ratifizierten das Protokoll erst gar nicht, setzen es also nie auf nationaler Ebene um. Nicht einmal US-Präsident Barack Obama, der in seinem ersten Wahlkampf 2008 mehr Klimaschutz versprach, konnte daran etwas ändern.
Verstöße sind Regel statt Ausnahme
Zudem verstießen viele Staaten gegen die selbst gesetzten Ziele. So hätte Österreich etwa seine Emissionen laut des Kyoto-Protokolls um 13 Prozent bis 2012 senken sollen, lag letztlich nach Zahlen des Umweltbundesamtes aber bei plus 5,9 Prozent. Als Konsequenz musste der Alpenstaat Verschmutzungszertifikate in Höhe von rund 600 Millionen Euro von anderen Staaten kaufen.
Wer derartige Zahlungen aber als stets wirksamen Sanktionsmechanismus betrachtet, liegt falsch. Das zeigt das Beispiel Kanada. Das Land kündigte 2011 an, aus den Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls auszusteigen. Die Länder, die sich Zeitpunkt von Kanadas Ausstieg noch zum Kyoto-Abkommen bekannten, stießen nur etwa 15 Prozent der weltweiten Treibhausgase aus. Das Protokoll beziehe die USA und China, die beiden Länder mit dem größten Ausstoß von Treibhausgasen, nicht mit ein und könne deshalb nicht funktionieren, lautete damals die offizielle Begründung von Kanadas Umweltminister Peter Kent.
Wahr ist aber auch: Wegen verfehlter Klimaziele hätte Kanada Strafzahlungen in Milliardenhöhe leisten müssen. Das Land umging mit dem Ausstieg den Kauf von Verschmutzungsrechten in Höhe von rund 14 Milliarden Dollar (damals rund 10 Milliarden Euro).
Großen Worten müssen endlich große Taten folgen
Kanadas Rückzug ist nur ein Beispiel für die geringe Akzeptanz des einst als Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel bezeichneten Abkommens von Kyoto. China und die USA, die zusammen für knapp 50 Prozent der CO2-Emissionen der Welt verantwortlich sind, entziehen sich bis heute den Verpflichtungen – wenngleich sie Ende 2014 mit ihrem bilateralen Abkommen einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht haben. Russland und Japan stehen den aktuellen Neuverhandlungen weiter kritisch gegenüber und wollen bislang keine neuen Ziele akzeptieren.
Hintergrund: Symbole statt Sanktionen
Australien, Belgien, Irland, Island, Griechenland, Portugal und Österreich erhielten als einer der größten Verhinderer und Blockierer in den Verhandlungen um den Klimaschutz während der Klimaschutzkonferenz 2014 in Lima (Peru) die zweifelhafte Auszeichnung „Fossil of the Day“ vom Climate Action Network (CAN) , einem weltweiten Netzwerk von mehr als 900 Umweltorganisationen aus über 100 Ländern. Der Negativ-Preis mit Symbolcharakter zeigt: Ernsthafte Sanktionsmechanismen? Fehlanzeige!
Quelle: gruene.at
Der Energie- und Klimakommissar der EU Miguel Arias Cañete bezeichnete kürzlich den Uno-Klimagipfel Ende des Jahres in Paris als einen „historischer Meilenstein“ und eine „einzigartige Gelegenheit“, um eine Weltwirtschaft zu schaffen, die kaum noch von fossilen Brennstoffen abhängt. Bleibt nur zu hoffen, dass diesen großen Worten nun endlich auch große Taten folgen.
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