Wie große Batteriespeicher in der Schweiz zur Netzstabilisierung beitragen
Der Schweizer Kanton St. Gallen ist Heimat von rund einer halben Million Menschen. Hier treiben Batteriegroßspeicher (Battery Energy Storage Systems, BESS) die Energiewende voran. Ausgestattet mit grid-forming-fähigen Wechselrichtern übernehmen sie essenzielle Funktionen: Sie stabilisieren das öffentliche Stromnetz, das zunehmend auf wechselrichterbasierte Ressourcen wie Wind, Solarenergie und Batteriespeicher statt auf konventionelle fossile Kraftwerke setzt. Gleichzeitig eröffnen sie neue Geschäftsmöglichkeiten.
Auch wenn diese Anlagen im internationalen Vergleich klein erscheinen, zeigen sie, wie diese netzbildenden Speichertechnologien in der Schweiz erfolgreich eingesetzt werden können, um Versorgungssicherheit und lokale Netzstabilität zu gewährleisten.
Hier erfahrt ihr, wie Batteriespeicher die sichere Energieversorgung des Alpenlandes entscheidend mitgestalten.
Warum sind Batteriespeicher in der Schweiz so wichtig?
Der Kanton St. Gallen ist ein kultureller Knotenpunkt der Ostschweiz. Er verbindet Tradition und Fortschritt und ist bekannt für seine lebendigen Bräuche wie Alpaufzüge, Viehmärkte, Chilbis und den Alpsegen. Heute rückt er auch in den Fokus der Energiewende, hier entsteht ein “MVPS-Valley”.
In den letzten Jahren wurden mehrere Batteriegroßspeicher installiert. Sie sind über verschiedene Standorte im Kanton verteilt, tragen zu einer stabilen lokalen Energieversorgung bei und unterstützen die Integration erneuerbarer Energien.
Die Schweiz verfolgt im Rahmen der Energiestrategie 2050 und des Klimaschutzgesetzes (2023) das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein. Dafür werden rund 35 Terawattstunden (TWh) erneuerbarer Strom benötigt.
Batteriespeicher mit grid-forming-fähigen Batteriewechselrichtern können im Bedarfsfall netzbildend arbeiten und Systemdienstleistungen wie Momentanreserve oder Schwarzstartfähigkeit bereitstellen. Über die Bereitstellung von Systemdienstleistungen im Regelenergiemarkt können sie zusätzliche Einnahmen generieren.
In ausgewählten Projekten kommen die Wechselrichter in der schlüsselfertigen Mittelspannungslösung von SMA, der Medium Voltage Power Station (MVPS), zum Einsatz. Ein besonderer Vorteil der MVPS: Sie kann auch auf begrenztem Raum effizient installiert und betrieben werden.
Geografische Herausforderungen der Schweiz
Als Binnenland inmitten der Alpen hat die Schweiz eine komplexe Infrastruktur. Etwa 70 Prozent der Fläche bestehen aus Bergregionen, was die Schaffung und den Betrieb von Energieinfrastrukturen erschwert. Die föderale Struktur des Landes erfordert zudem, dass 26 teilsouveräne Kantone ihre Energiefragen weitgehend eigenständig regeln.
Dies stellt hohe Anforderungen an die Flexibilität und Transformation der Energiesysteme.
Batteriespeicher als regelndes Element
Um das öffentliche Stromnetz stabil zu halten, muss die Frequenz konstant bei 50 Hertz liegen. Dies wird erreicht, wenn Erzeugung und Verbrauch ausgeglichen sind. Batteriespeichersysteme (BESS) übernehmen dabei eine flexible, regelnde Funktion:
- Sie gleichen Lastschwankungen aus, indem sie Energie bei Bedarf bereitstellen oder überschüssige Energie speichern.
- Sie stabilisieren Netzfrequenz und Spannung durch Momentanreserve und Regelenergie.
- Im Störfall übernehmen sie Schwarzstartfunktionen zur Wiederherstellung des Stromnetzes.
Praxisbeispiele aus dem Kanton St. Gallen
Im Kanton St. Gallen zeigen zahlreiche Projekte, wie BESS gezielt zur regionalen Netzstabilisierung eingesetzt werden:
- Gossau (SG): Ein 2,5-MW-Speicher stabilisiert die Netzfrequenz und unterstützt Swissgrid mit Systemdienstleistungen.
- Walenstadt: Mit einer Leistung von 3x 4,35 MW gehört diese Anlage seit Oktober 2023 zu den leistungsstärksten in der Region. Sie bietet Schwarzstartfähigkeit, Frequenzstabilisierung und wird am Regelenergiemarkt eingesetzt, um Flexibilitätsdienste zu vermarkten. Die Anlage ist grid-forming-fähig, wird jedoch im Normalbetrieb als grid-following betrieben und liefert Regelenergie. Trotz ihrer regionalen Größe ist sie international gesehen vergleichsweise klein. Das Batteriespeichersystem zeigt exemplarisch, wie Speichertechnologien in der Schweiz effektiv genutzt werden können.
- Weitere Standorte: Projekte in Kaltbrunn, Mels, Rheineck und Weite/Sargans adressieren spezifische Anforderungen:
- Inselbetrieb und Netzautarkie in abgelegenen Gebieten
- Stabilisierung lokaler Stromnetze durch Systemdienstleistungen
- Unterstützung regionaler Verteilnetze bei Spitzenlasten
Referenzprojekt Walenstadt
Das BESS Walenstadt ist aktuell der größte Batteriespeicher in der Ostschweiz. Beteiligte Partner sind:
- WEW – Wasser- und Elektrizitätswerke Walenstadt: Betreiber eines Drittels des BESS
- Zenna AG: Bauherrenbegleitung für das WEW
- SMA Altenso GmbH: Systemintegrator
- 49Komma8 AG: Projektentwickler und Generalplaner
Seit Ende Oktober 2023 liefert die Anlage mit 3 x 4,35 MW Leistung netzbildende Systemdienstleistungen. Mit der Lösung von SMA, bestehend aus sechs Medium Voltage Power Stations (MVPS) mit Batteriewechselrichtern sowie dem Energie- und Power-Management-System (SMA Hybrid Controller), wird eine optimale Steuerung und Koordination der Speicher gewährleistet.
Die drei Anlagen Walenstadt I, II & III verfügen jeweils über 5 MWh Speicherkapazität und sorgen so für höhere Versorgungssicherheit und Netzstabilität. Der wirtschaftliche Betrieb wird durch Einnahmen aus dem Regelenergiemarkt unterstützt, wodurch sich die Anlage in fünf bis acht Jahren amortisiert.
Ein weiterer Schritt: Der Energiepark Teufen
Ein weiterer Großbatteriespeicher ist im Energiepark Teufen (Kanton Appenzell) geplant. Mit einer Kapazität von 8,32 MWh und einer Leistung von 6,8 MW wird der Speicher multifunktional genutzt. Neben der Bereitstellung von Systemdienstleistungen wird er auch Schnellladeleistung für LKW- und PKW-Ladestationen bereitstellen.
Fazit & Ausblick
Projekte wie die im “MVPS-Valley” zeigen eindrucksvoll, wie netzbildende Speichertechnologien die Energiewende in der Schweiz unterstützen und aktiv vorantreiben können. Sie schaffen die Grundlage für eine sichere, flexible und zunehmend erneuerbare Energieversorgung.
Auch wenn die Schweizer Anlagen im internationalen Vergleich kleiner dimensioniert sind –etwa im Vergleich zu Großspeicherprojekten wie Blackhillock oder Kilmarnock in Großbritannien, die bereits dauerhaft netzbildend arbeiten– verdeutlichen sie, wie grid-forming-fähige Batteriespeicher künftig gezielt zur regionalen Netzstabilisierung beitragen können.

Mit Verweis auf die VSE Roadmap Versorgungssicherheit, was sind die wichtigsten Stellschrauben, um kurz-, mittel- und langfristig Versorgungssicherheit in der Schweiz herzustellen und gleichzeitig die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen?
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