Wissen, wie die Aussichten sind

Solar Business Barometer

Mein Urgroßvater war zu seiner Zeit Bauer. Wie heute auch, gab es gutes und schlechtes Wetter, gute und schlechte Ernten. Sie nannten es damals fette und magere Jahre. Absehbare Situationen, die den Bauern aufgrund der damaligen überschaubaren Marktgröße keine größeren Schwierigkeiten bereiteten. Die Zeiten änderten sich, als sich die Ökonomie in die Landwirtschaft einmischte und aus den Bauern Händler wurden. Die daraus resultierenden schwer kalkulierbaren Marktzyklen sind geprägt durch die (menschliche) Gier und die daraus folgenden Handlungen. Ein Einzelner scheint oftmals machtlos. Diese Art von (nennen wir sie mal „unerfreulichen“) Marktzyklen existieren in jeder Branche, so auch in der Photovoltaik.

 

Bierspiel – langsamer ist schneller

In den sechziger Jahren entwickelte die Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technology (MIT) unter Leitung von Jörg Forrester das so genannte „Beer Distribution Game“ (dt. „Bierspiel“). Mit ihm lässt sich exemplarisch ein kleiner mehrstufiger Markt mit einem einzigen Produkt simulieren. Das Spiel zeigt folgendes zentrales Lieferkettenproblem auf: Minimale Nachfrageschwankungen führen oft zu erheblichen Schwankungen bei Herstellung und Produktion. Steigt die Nachfrage nach Bier am Kiosk, bestellen die Kioskbesitzer mehr Ware beim Großhandel. So weit so gut. Nun vergehen jedoch meist mehrere Tage, bis diese Bestellungen bei der Brauerei eingehen. Zwischenzeitlich sinken die Lagerbestände, so dass die Großhändler immer mehr anfordern. Wenn nun der Hersteller letztendlich unter voller Last produziert, beginnt die ursprünglich hohe Nachfrage am Kiosk auch schon wieder zu sinken. Somit häufen sich die Kästen in den Lagern, während das zuvor erhöhte Interesse schon wieder rückläufig ist. Die Hersteller fahren ihre Produktion wieder zurück, und das Spiel beginnt von vorne. Die daraus entstehende Konsequenz nennt sich „Bullwhip Effect“ (dt. Peitschenschlag-Effekt). Was das jetzt genau mit Photovoltaik und SMA zu tun hat, habe ich vom Initiator des Solarmarkt-Barometer Wolfgang Klaus Weber in einem Interview erfahren können.

 

Peitschenschlag-Effekt (in Anlehnung an © Knolmayer, G. et al.)

 

Das Solarmarkt-Barometer

Wolfgang, es drängt sich die folgende Frage auf: Was hat die Problematik des Bierspiels mit der Solarbranche zu tun?

Nun, wenn wir den im Spiel erwähnten Kiosk, und hier bitte ich um Verzeihung, durch den Fachhandwerker ersetzen, und den Bierproduzenten durch den Wechselrichter-Hersteller, wird es klar. Die Kunden sind dabei nicht vom Durst getrieben, sondern vom Wunsch nach einer eigenen PV-Anlage. Und hier spielen neben der ideellen Motivation nach einer sicheren und ökologischen Stromerzeugung natürlich auch noch weitere Faktoren wie politische Rahmenbedingungen und die öffentliche Meinung eine wichtige Rolle.

 

Wolfgang K. Weber

Wolfgang K. Weber im Interview

Und wie kommt es am Ende des Spiels zum zuvor erwähnten „Peitschenschlag-Effekt”?

Da gibt es mehrere Gründe. Zum einen erfährt der Hersteller am Ende der Lieferkette leider immer alles als Letzter und zum anderen tauschen sich die Besteller nicht wirklich aus. Sie verhalten sich untereinander nicht kooperativ. Zum besseren Verständnis mache ich ein Beispiel: Wenn Ware kanpp zu werden droht, erhöht man die Bestellung künstlich, um wenigstens einen Teil zu bekommen. Man nennt dieses Verhalten „Ressourcen-Poker”. Dadurch verschärft sich der Ausschlag beim Hersteller noch.

 

Gibt es denn eine Lösung für dieses beschriebene Problem und inwiefern haben politische Entscheidungen darauf Einfluss?

Ja, es gibt eine Lösung. Ein kooperatives Verhalten und der Austausch von Informationen. Aus diesem Grund haben wir das SMA Solarmarkt-Barometer entwickelt. Hier fragen wir ganz vorne in der Lieferkette, also in unserem Fall beim Installateur, wie er die Lage einschätzt und welchen Bedarf er an Produkten pro Woche sieht. Das anonymisierte Ergebnis teilen wir mit allen Umfrageteilnehmern. Wir hoffen, dass dadurch besser und früher auf Nachfrageschwankungen reagiert werden kann. Gerade durch die momentane Unsicherheit im Markt, hervorgerufen durch die abrupten und unvorhersehbaren Änderungen des EEG durch BMU und BMWi, zeigt sich die Wichtigkeit des Projektes „Marktbarometer“, da es einen zusätzlichen Indikator für die Bedarfsvorhersage liefert.

 

Wolfgang, vielen Dank für das Gespräch.

 

Das SMA Solarmarkt-BarometerSo funktioniert die App

Wöchentlich findet eine Abstimmung statt, an der man mit Hilfe seines iPhone und des im App Store kostenlos erhältlichen Solarmarkt-Barometers teilnehmen kann. Jeden Freitag um 16:00 Uhr erhält man als Teilnehmer zwei Fragen via App geschickt und hat im Anschluss bis 20:00 Uhr Zeit, diese zu beantworten. Nach Abschluss der Abstimmung erhält man eine persönliche Auswertung und kann diese zeitgleich mit der anonymisierten Gesamtlage aus den Antworten aller Teilnehmer vergleichen. Je mehr Umfragebeteiligte es sind, desto aussagekäftiger werden die am Ende herausgegebenen Ergebnisse.

Hier geht’s zur Schritt-für-Schritt-Anleitung !

 

Wer darf teilnehmen?

Teilnahmeberechtigt ist grundsätzlich jeder Gewerbetreibende in Deutschland, der Solar-Wechselrichter installiert. Konkret sind das also Solarteure, PV-Fachhandwerksbetriebe und ihnen verwandte Unternehmen. Ausgeschlossen sind dabei Endkunden und andere Solar-Wechselrichterhersteller.

 

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