Gabriel knickt (nicht) ein

Stabile Strompreise und die Entlastung der Bürger sind Sigmar Gabriel eine Herzensangelegenheit. Und so legte der Bundeswirtschafts- und Energieminister vor rund einem Jahr mit der drastischen EEG-Reform bei der vermeintlich teuren Solarenergie die Daumenschrauben an. Der Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen und die Gefahr, dass Deutschland bei dieser Zukunftstechnologie die Vorreiterrolle verliert? Egal. Ganz anders sieht es bei der Uralttechnologie Braunkohle aus. Dort fügt sich der Minister bereitwillig dem lauten Geschrei der Lobby aus Kohleindustrie, IG BCE und Teilen der CDU – und wandelt die geplante Klimaabgabe für die ältesten und schmutzigsten Kohlekraftwerke flux in eine Art Rentenmodell für ausgediente CO2-Schleudern um. Und anstelle der Kraftwerksbetreiber zahlen Stromkunden und Steuerzahler die Zeche.

Noch vor wenigen Jahren war Deutschland weltweiter Vorreiter bei der Solarenergie. Deutsche Unternehmen waren weltweit führend in der Technologieentwicklung und sorgten dafür, dass die Stromerzeugung aus Sonne immer kostengünstiger wurde, es entstanden über 100 000 Arbeitsplätze in der aufstrebenden Branche. Was dann geschah, gleicht einem Trauerspiel: Eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes jagte die andere und sorgte für maximale Verunsicherung.

 

Härte bei der Solarenergie …

Vor knapp einem Jahr trat die letzte Reform, initiiert von Sigmar Gabriel, um den Strompreis stabil zu halten, in Kraft. In der Folge ist der Photovoltaik-Zubau in Deutschland noch einmal drastisch eingebrochen, nach 2014 wird der von der Bundesregierung angestrebte Zubau-Korridor auch in diesem Jahr wieder erheblich unterschritten werden. Und wie reagiert Sigmar Gabriel auf den damit einhergehenden Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen und der Abwanderung von technologischem Know-how nach Asien? Gar nicht. Zwar besuchte der Minister im Juni mit großem Tamtam die Intersolar in München und zeigte sich beeindruckt von der Innovationskraft der ausstellenden Unternehmen. Die kleine Bitte, zumindest die Umlage auf den Eigenverbrauch von Solarstrom zurückzunehmen, wehrte er jedoch standhaft ab. Wegen der stabilen Strompreise – auf die der Wegfall der Abgabe allerdings keinen Einfluss gehabt hätte.

Doch die Freunde der Erneuerbaren hatten noch eine andere Hoffnung. Bereits einige Wochen zuvor hatte Gabriel angekündigt, die ältesten und umweltschädlichsten deutschen Braunkohlemeiler mit einer Klimaabgabe zu belegen. So sollte erreicht werden, dass zehn Gigawatt alter Kraftwerksleistung stillgelegt werden, um den CO2-Ausstoß der Stromwirtschaft um 22 Millionen Tonnen zu senken. Wie nicht anders zu erwarten, folgte auf den Vorschlag ein Sturm der Entrüstung seitens der Kohlelobby. Doch Gabriel blieb hart – zunächst.

 

… und Nachgiebigkeit bei der Kohle

In der vergangenen Woche sickerte dann tröpfchenweise die Nachricht von einer zweiten Lösung ans Tageslicht. Und seit dieser Woche steht nun fest: Gabriel knickt ein. Und zwar ohne Wenn und Aber. Die Kohleindustrie bekommt was sie will. Anstatt zehn Gigawatt werden nun gerade noch 2,7 Gigawatt Kohlekraftwerksleistung – nein, nicht stillgelegt, – sondern als Reserve vorgehalten. Und das bekommen die Betreiber fürstlich entlohnt. Ob von den Steuerzahlern oder von den Stromkunden, ist noch nicht endgültig entschieden, aber irgendwie auch egal, denn es trifft ja eh immer wieder dieselben. Und da Herr Gabriel nicht nur vor der Kohlelobby, sondern auch vor Horst Seehofer einknickt, wird die teure Erdverkabelung der neuen Stromtrassen in Bayern gleich noch mit dazu gepackt.

Wie war das noch mal mit den stabilen Strompreisen und der Entlastung der Bürger, Herr Gabriel?

 

Für alle, die das Thema näher interessiert: das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) hat eine interessante Studie zu dem Thema erstellt.

 

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This article was published in 2015. As we are constantly developing our solutions, there may be newer or additional options for the tips and techniques in this article.

1 Antwort
  1. Peter Henniges
    Peter Henniges sagte:

    Der Verdacht liegt nahe, liebe Susanne, dass Du Herrn Gabriel nicht magst. Damit bist Du wirklich nicht alleine. Es ist zu beobachten, wie dieser Mensch (Politiker sind ja auch Menschen) in seine Selbstherrlichkeit hineinwächst. Alle Sozialdemokraten, die einen solchen persönlichen, scheinbar positiven Wachstumsprozess durchlebten, haben dafür von den sozialdemokratischen Wählern irgendwann eine eindeutige Quttung bekommen. Ich denke an Herrn Schröder.
    Wir bei SMA wissen sehr genau, wie sozial letzlich eines Tages eine dezentrale Stromversorgung mit einem hohen Anteil der PV sein wird. Politisch gesehen sind daher die aktuellen Entscheidungen von diesem besonders machtgeilen Politiker Gabriel eine Katastrophe für die SPD. Wen wundert es also, wenn die Umfragewerte dieser (meiner!) ehemaligen Volkspartei auf der Stelle treten? Wirkliche SPD Wähler kennen in der Regel den Grund, warum sie sich für die SPD interessieren.
    Ich bedauere zutiefst, dass keiner von uns es gewagt hat, ihm dies bei seinem Besuch hier bei SMA im April des letzten Jahres in dieser Deutlichkeit zu sagen. Leider war auch ich ausnahmsweise sprachlos!

    Dein Artikel ist übrigens wunderbar geschrieben. JedEr, die/der nachdenkt, wird diesen Herrn Gabriel immer deutlicher in einem neuen Licht sehen. Das ist gut so, denn dann wird seine Karriere nach der GroKo hoffentlich schnell beendet sein! Das würde mich sehr freuen und darum dürfen wir auch nicht aufhören, der destruktiven Politik von Herrn Gabriel verbal etwas entgegenzusetzen. Ich danke Dir für diesen Artikel!

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