Energiewende – was wollen die Parteien?

Bundestagswahl, Energiwende und Parteiprogramme

Die Energiewende ist ein zentrales Thema im aktuellen Bundestagswahlkampf. Dementsprechend findet sich das Thema auch prominent in den Wahlprogrammen aller Parteien. Welche Pläne CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke für die Energiewende haben, fassen wir hier zusammen.

 

CDU-CSUCDU/CSU – Energiewende mit Augenmaß

Die CDU/CSU möchte die Energiewende laut ihres Wahlprogramms „entschlossen, zügig und mit Augenmaß voranbringen“. Dabei setzen die Unionsparteien auf „marktwirtschaftliche Lösungen mit fairem Wettbewerb, Technologieoffenheit und technologische Entwicklung“. Auch zukünftig wollen sie energieintensive Betriebe „zielgenau entlasten, um Nachteile durch unterschiedliche internationale Rahmenbedingungen bei Steuern und Abgaben auszugleichen“. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse „eng mit dem beschleunigten Ausbau der Stromnetze und den anderen Energieträgern“ verzahnt werden. Dazu soll das Erneuerbare Energien-Gesetz „weiterentwickelt“ werden. Rückwirkende Eingriffe in bestehende Anlagen schließt das Wahlprogramm aus. Gleichzeitig verlangen die Unionsparteien, dass die Erneuerbaren Energien „mehr Verantwortung für eine stabile Stromversorgung übernehmen“. Bei der Speicherung setzen sie auf Pumpspeicherwerke, aber auch auf noch nicht marktreife Technologien wie Wasserstoff- oder Druckluftspeicher, daneben auch auf Elektrofahrzeuge.

Um Schwankungen bei den Erneuerbaren wirksam auszugleichen brauche man für die kommenden Jahrzehnte moderne Kohle- und Gaskraftwerke. Daher wollen die Unionsparteien den „Bau neuer, effizienter Kraftwerke beschleunigen“. Dabei könne „durch den Einsatz modernster Technologie“ auch Braunkohle eine wichtige Rolle spielen. CDU/CSU sind nicht generell gegen Fracking, aber „Gefahren für die Menschen und unser Trinkwasser müssen dabei ausgeschlossen werden“. Die Sicherheit habe absoluten Vorrang.

 

spdSPD – Energieministerium und Masterplan

Die SPD fordert in ihrem Wahlprogramm ein besseres Management der Energiewende. Dazu will sie die „Kompetenzen, insbesondere in den Bereichen Erneuerbare Energien, Netzausbau und Speicher, in einem Energieministerium bündeln“. In diesem Ministerium soll ein „Deutscher Energie-Rat“ eingerichtet werden, um die Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen sicherzustellen. Dabei sollen Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft eingebunden werden. Nach umfassender Konsultation mit den Akteuren der Energiewende soll ein „Masterplan Energiewende“ aufgestellt und jährlich fortentwickelt werden. Das EEG möchte die SPD grundlegend reformieren, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien langfristig und berechenbar zu sichern und die Kosten zu begrenzen. Der Einspeisevorrang soll erhalten, die Einspeisevergütungen mit der weiteren technologischen Entwicklung schrittweise reduziert werden. 2030 sollen 75 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Dabei fordern die Sozialdemokraten, dass mit steigendem Anteil an der Stromerzeugung „die Erneuerbaren Energien mehr Verantwortung für eine stabile Versorgung übernehmen“.

Weitere Belastungen für Wirtschaft und Haushalte möchte die SPD etwa durch die Senkung der Stromsteuer vermeiden. Steuervergünstigungen für die Industrie im Bereich der Energiesteuer will die Partei an den Nachweis von Effizienzsteigerungen koppeln. Darüber hinaus fordern die Sozialdemokraten eine Reaktivierung des europäischen Emissionshandels. Er müsse „wieder das zentrale marktwirtschaftliche Instrument werden, um Investitionen in Energieeffizienz anzureizen“.

Die Übertragungsnetze sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten in einer Netzgesellschaft unter Beteiligung der öffentlichen Hand zusammengeführt werden. Komplementär zum Netzausbau müssten Speichertechnologien gefördert werden. Die Partei spricht sich gegen Fracking aus, „bis alle Risiken für Gesundheit und Umwelt bewertet und ausgeschlossen wurden“.

 

die GrünenBündnis 90/Die Grünen – 100 Prozent erneuerbare Versorgung bis 2030

Um die Energiewende besser zu koordinieren, machen sich Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Wahlprogramm für die Erweiterung der Kompetenzen des Bundesumweltministeriums zu einem Umwelt- und Energieministerium stark. Das EEG will die Partei „intelligent weiterentwickeln“. Dabei sollen die „Grundpfeiler“ Einspeisevorrang und garantierte Vergütung erhalten werden. Durch die Rückführung von Industrieprivilegien sollen Mittelstand und Privathaushalte um 4 Milliarden Euro Energiekosten entlastet werden.

Bis 2020 möchten die Grünen den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung verdoppeln, bis 2030 soll die Stromversorgung komplett auf Erneuerbare Energien umgestellt werden. Dazu müsse das Strommarktdesign verändert werden, um Kapazitätsmechanismen bereitzustellen, „die im Strommarkt Versor­gungssicherheit, Klimafreundlichkeit, Kosteneffizienz und Flexibilität sicherstellen“. Das Bergrecht möchte die Partei novellieren, „um endlich um­fassende demokratische Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten her­zustellen, Anwohner und Umwelt besser zu schützen und neuen Braunkohletagebau zu verhindern“. Die Stromerzeugung aus Gas betrachten die Grünen als Brückentechnologie bis die komplette Umstellung auf Erneuerbare Energien vollzogen ist. Fracking lehnt die Partei „wegen der Gefahren für Gesundheit und Umwelt“ ab.

Auch die Grünen wollen eine mehrheitlich in öffentlicher Hand befindliche Netzgesellschaft gründen, „um die derzeitigen Schwierigkeiten der Netzbetreiber bei der Umsetzung von Projekten zu reduzieren“. Speicher sollen technologieoffen gefördert werden.

International wollen die Grünen Deutschland wieder zum „Vorreiter bei der Energieeffizienz und dem Energiesparen“ machen und den Klimaschutz europäisch und global vorantreiben, etwa durch die Erhöhung der Emissionsreduktionsziele der EU und die Stärkung des europäischen Emissionshandels.

 

FDPFDP – der Markt soll es regeln

Das Wahlprogramm der FDP fordert, künftig alle Verantwortung für die Energiepolitik dem Bundeswirtschaftsministerium zu übertragen. Die Partei möchte das EEG „zügig und grundlegend“ reformieren, um „den gesamten Energiemarkt marktwirtschaftlicher zu gestalten“. Ausnahmen von der EEG-Umlage und Stromsteuer für energieintensive Betriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen, will die FDP erhalten.

Spätestens 2022, wenn das letzte Atomkraftwerk vom Netz geht, sollen sich die Erneuerbaren Energien nach dem Willen der Partei am Markt behaupten können. Dazu soll ein Stufenplan entwickelt werden, „nach dem zügig und planbar alle Anlagengrößen und Technologien zwingend von der festen Einspeisevergütung in die Direktvermarktung wechseln sollen“. Die EEG-Marktprämie soll durch einen degressiv ausgestalteten Marktzuschlag auf den Börsenpreis ersetzt werden. Marktzuschläge und Einspeisevergütungen für Neuanlagen möchte die FDP bei allen Technologien stärker absenken als bisher. Im nächsten Schritt soll die Umstellung der Förderung auf ein Mengenmodell erfolgen. Die Quoten sollen möglichst auf europäischer Ebene festgelegt werden.

Bei instabilen Netzverhältnissen möchte die FDP der Bundesnetzagentur sofort die Möglichkeit einräumen, den Einspeisevorrang für neue Großanlagen „regional und befristet außer Kraft setzen zu können“. Ansonsten sei der Einspeisevorrang zu erhalten. Um Anreize für die Investition in Ersatz- und Reservekraftwerke zu schaffen, will die Partei die Bereitstellung von Leistung honorieren. Dafür sei die „Einführung eines Anreizsystems auf Bundesebene und mittelfristig ein neues, marktwirtschaftlich ausgestaltetes Förder- und Marktdesign erforderlich“. Um die Chancen der Energiespeicherung zu nutzen, unterstütze die FDP „gute Rahmenbedingungen für einsatzfähige und effiziente Speichermöglichkeiten“. Im Gegensatz zu den anderen Parteien sieht die FDP Fracking als „Chance, die zum Gelingen der Energiewende beitragen kann“. Zum Schutz des Grund- und Trinkwassers sollen die Wasserbehörden dabei ein Vetorecht erhalten.

 

die linkeDie Linke – mehr Staat bei der Stromversorgung

Im Wahlprogramm der Linken wird ebenso wie von der SPD ein Masterplan für die Energieversorgung gefordert. An den zentralen  Säulen des EEG – Einspeisevorrang und garantierte Vergütungssätze – möchten die Linken nicht rütteln. Gleichzeitig will die Partei „im EEG Anreize dafür schaffen, dass regenerative Erzeugungsanlagen stärker der Funktionsfähigkeit des gesamten Energiesystems dienen“. Bis 2020 sollen 50 Prozent des Stroms und 20 Prozent der Wärme aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden, langfristig soll die Strom- und Wärmeversorgung zu 100 Prozent erneuerbar werden. Den Ausstieg aus der Atomkraft möchte die Linke im Grundgesetz verankern. Darüber hinaus soll es ein Kohleausstiegsgesetz geben, in dem unter anderem festgelegt wird, dass in Deutschland keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden, der Braunkohletagebau beendet wird und das letzte Kohlekraftwerk bis 2040 vom Netz geht.

Strom- und Wärmenetze sollen nach dem Willen der Partei in die öffentliche oder genossenschaftliche Hand übergehen. Das Wettbewerbs- und Kartellrecht für Strom-, Gas und Mineralölkonzerne soll verschärft und die Energieversorger dazu verpflichtet werden, „einen Sockeltarif für Strom einzuführen, durch den jeder Privathaushalt ein kostenloses, an der Haushaltsgröße orientiertes Grundkontingent an Strom erhält, das einen Teil des durchschnittlichen Verbrauchs abdeckt“. Die Gestaltung der Strompreise soll staatlich überwacht werden. Wer überdurchschnittlich viel Strom verbraucht, soll dafür entsprechend viel zahlen. „Unberechtigte Industrierabatte bei Ökosteuer, Netzentgelten, Emissionshandel oder im Erneuerbarre-Energien-Gesetz zu Lasten der Privathaushalte“ wollen die Linken zügig abschaffen.

Die Partei lehnt „überteuerte Großprojekte der Energiekonzerne wie z.B. die Off-Shore-Windparks in der Nordsee“ ab und fordert ein Verbot der unterirdischen Verpressung von CO2 (CCS) und der Erdgasförderung durch Fracking.

 

Fazit

Alle Parteien, selbst die FDP, bekennen sich in ihren Wahlprogrammen zur Energiewende. Darüber, wie wir sie erfolgreich umsetzen können, gibt es jedoch sehr unterschiedliche Ansichten. Jeder Wähler muss für sich selbst entscheiden, welchen Weg er mittragen möchte. Wer alle Positionen zur Energiewende noch mal im Vergleich anschauen möchte, dem empfehlen wir das Dokument des Berliner Informationsdienstes. Hier werden die Wahlprogramme der größeren Parteien unter dem Gesichtspunkt der Energiepolitik beleuchtet. Wir hoffen, dass wir mit diesem Beitrag die Entscheidungsfindung für den Wahltag unterstützen können.

In der kommenden Woche werden wir an dieser Stelle unser Energiewahlprogramm vorstellen.

 

7 Kommentare
  1. Raphael
    Raphael sagte:

    Sehr schöne Übersicht!
    Leider ist es meiner Meinung nach sehr schwer, die eigenen Vorstellungen komplett im Wahlprogramm einer dieser Parteien zu finden. Die Energiewende wird sicherlich noch lange ein wichtiges Thema bleiben. Die Parteien sollten ihre Ziele noch konkreter ausdrücken finde ich.

    Antworten
  2. Nathan
    Nathan sagte:

    Tolle Übersicht der Energiewende!

    Ist sicherlich ein Thema welches uns auch in Zukunft noch viel Arbeit bescheren wird.

    Letztenendes wird jedoch viel geredet aber relativ wenig umgesetzt…

    Wir werden sehen!

    Antworten
  3. Michael
    Michael sagte:

    Letztendlich wird immer viel diskutiert und am Ende leider doch recht wenig umgesetzt. Ich denke gerade wir in erneuerbare Energien investieren sollten. Mittlerweile sind die Technologien so effizient geworden, dass das ganze Thema sich lohnt. Der Markt reguliert es, ja, jedoch sollte die Politik dem beisteuern und den richtigen Weg ebnen. Ich bin gespannt was da noch in Zukunft passieren wird.

    Antworten
  4. Daniel
    Daniel sagte:

    Die Übersicht sie ist leiderns unvollständig und erweckt den Eindruck der Alternativlosigkeit !
    Piratenpartei – http://www.piratenpartei.de/politik/lebenswerte-umwelt/energiepolitik/
    „Wir wollen eine langfristig sichere und umweltschonende Energie-Infrastruktur. Dies bedeutet eine Umstellung von endlichen Energieträgern auf generative und regenerative Energiequellen. Regenerative Energieträger sollen dabei nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit genutzt werden und nicht in Konkurrenz zu anderen Umweltzielen stehen. Außerdem wollen wir eine transparente dezentralisierte Erzeugerstruktur. Nur so kann eine Partizipation jedes Bürgers erreicht und Monopolstellungen verhindert werden. “
    Alternative für Deutschland (AfD) – https://www.facebook.com/notes/alternative-f%C3%BCr-deutschland/positionspapier-energiepolitik/601685609861782
    „Die Arbeit des Fachausschusses Energie der Alternative für Deutschland zielt darauf ab, unserem Land eine kostengünstige, international wettbewerbsfähige Verfügbarkeit von Energie mit einer hohen Versorgungssicherheit zu gewähren.
    Die Energiepolitik der letzten Jahre ist durch schwere Fehler gekennzeichnet, … Nun drohen nicht nur Energiearmut, sondern vor allem der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, Unternehmensverlagerungen in das Ausland und somit der Verlust von Arbeitsplätzen.
    Wir fordern daher eine grundlegende Reform des EEG, … die Förderung allein aus den öffentlichen, parlamentarisch kontrollierten Haushalten des Bundes oder der Länder zu finanzieren.
    … Wir respektieren die bestehenden Altverträge, setzen uns aber dafür ein, in Zukunft die preistreibende Vorrangeinspeisung zu beenden.
    … Solange Kernenergie in anderen Ländern genutzt und weiter ausgebaut wird, ist deren sicherer Betrieb in Deutschlands unmittelbarem, nicht nur wirtschaftlichem Interesse. …“

    Es gibt auch noch weitere Parteien !
    http://bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_13/presse/W13011_Wahlteilnahme_Parteien.html

    Antworten
    • Leonie Blume
      Leonie Blume sagte:

      Danke Daniel, für die Ergänzungen. Wir haben uns auf die größten Parteien beschränkt, aber umso besser, dass du AfD und Piratenpartei noch erwähnst.
      VG Leonie

      Antworten
    • Daniel
      Daniel sagte:

      Erwähnenswert ist vor allem auch noch die ÖDP:
      http://wahlen.oedp.de/wahlprogramme/bundesprogrammt/top-gruende/
      “ Wir brauchen einen absoluten Vorrang für die Förderung dezentraler erneuerbarer Energien und entsprechender Speichertechnologien. …
      Wir finden uns nicht damit ab, dass Atomkraftwerke in Deutschland noch jahrelang weiterlaufen sollen, dass schmutziger Strom aus dem Ausland importiert wird und Kohlekraftwerke weiterhin das Klima ruinieren. Scheinlösungen wie die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) und das „Fracking“ in der Erdöl- und Erdgasförderung lehnen wir konsequent ab. Solange die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle nicht möglich ist, müssen diese an den Standorten der Atomkraftwerke gesichert werden. Die Lagerungs-, Sicherungs- und Haftpflichtkosten sind Betriebskosten der jeweiligen Betreiber. So werden Transporte vermieden und die Kosten tragen diejenigen, die die Gewinne kassieren und nicht wie bisher die Steuerzahler. “

      Es ist Schade, dass es eine Beschränkung auf etablierte Parteien gibt. Was die größten Parteien wollen, weiss der Wähler bereits aus der aktuellen Legislaturperiode. Interresanter ist es, was aufstrebende Parteien wollen.

      Antworten
  5. Dominik
    Dominik sagte:

    Vielen Dank für diese Übersicht!

    Die Energiewende ist langfristig sicherlich eines der spannendsten und herausforderndsten Themen, die uns in der Zukunft erwarten und es ist sehr wichtig, sich darüber zu informieren, welchen Weg die jeweiligen Parteien einschlagen wollen, und ob man sich mit diesen identifizieren kann.

    Antworten
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>